Das ist eine Gastrezension von Klara Strube. Mehr zu Klara erfährst du am Ende des Beitrags.
Griechische Mythologie – sie hat Jahrtausende überdauert, wurde Millionen Mal erzählt, und schafft es trotzdem auch heute noch, uns immer wieder in ihren Bann zu ziehen. Oder mich zumindest, vor allem dann, wenn es sich um eine Neuerzählung handelt, die zwar nichts an den Fakten ändert, und trotzdem ein ganz neues Licht auf altbekannte Geschichten wirft…
In Madeleine Millers Debutroman „Das Lied des Achill“ erleben wir Homers Ilias ganz neu, und zwar durch die Geschichte von Achilles (dürfte jedem bekannt sein, spätestens seit Brad Pitt sich im Film „Troja“ in bester Hollywood-Manier verschwitzt durch den Wüstensand gerollt hat) und seinem „Waffengefährten“ Patroklos (Anführungszeichen sind hier beabsichtigt).

Erzählt wird uns das Ganze von Patroklos selbst: Durch einen Unfall beim Spielen tötet der schon im Kindesalter einen Adelsjungen und wird von seinem Vater als Mörder verbannt. Er strandet auf in Phthia bei Peleus, einem König, welcher verlorene Jungen für den Kampf ausbilden lässt – und zufällig auch Achilles‘ Vater ist. Hier lernen Patroklos und der schon im frühen Kindesalter als Held gehandelte Achilles sich kennen und werden – nun, manch einer würde sagen Waffengefährten, andere würden sagen beste Freunde, Madeleine Miller würde sagen: Noch viel mehr.
Und das ist eine Möglichkeit, die in der Geschichte so oft und gerne ignoriert wird:
Eine queere Liebesgeschichte in einem der größten Epen unseres Kulturkreises.
Eine Möglichkeit, die uns dieses Buch entdecken lässt.
Während wir Achilles und Patroklos auf ihren Abenteuern folgen – durch ihre Lehrjahre beim Zentaur Cheiron, bei ihrem verzweifelten Versuch, der Reise nach Troja zu entkommen und letztendlich bis in den schier unendlich scheinenden Trojanischen Krieg – lernen wir zwei so verletzliche, liebevolle, unperfekte und menschliche Figuren kennen, dass es einen gut und gerne mehr als einmal zu Tränen rührt.
Madeleine Miller gelingt es auf wunderbare Weise, uns auch sagenumwobenen Helden auf Augenhöhe begegnen zu lassen. Auf den Seiten ihres Romans verwandelt sie Helden in sanfte Männer, Sklavinnen in starke Frauen, Könige in schwache Verräter.
Und so erleben wir als Leser den Trojanischen Krieg jenseits blasierter Epen und blankpolierter, heteronormativer Hollywood-Interpretationen als das, was er (sollte es ihn denn gegeben haben) auch war: Eine menschliche Tragödie, ein Spiel der Götter und eine Zäsur im Leben tausender, unschuldiger Menschen.
Was mich an diesem Buch besonders fasziniert hat, war, dass es mich mit einer mir nur zu gut bekannten Geschichte so sehr in seinen Bann gezogen hat. Obwohl ich genau wusste, was passieren würde, habe ich mit den Figuren gebangt, geliebt und gelitten – nicht zuletzt wegen der wunderbar lyrischen Sprache, die Miller so perfekt beherrscht.

Ich kann mit Fug und Recht behaupten, das Madeleine Miller sich mit „Das Lied des Achill“ sofort auf einen der ersten Plätze in meinem privaten Autor*innen-Ranking katapultiert hat. Ihr Roman „Circe“ ist übrigens genauso fesselnd, und auch die Kurzgeschichte „Galatea“ ist einen Blick wert. Die Frau kann es einfach. Überzeugt euch selbst.

Kurzinfo zu „Das Lied des Achill“ von Madeline Miller
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2020 (diese Ausgabe)
Seitenzahl: 412 Seiten
Info zu unserer Gastautorin Klara Strube (sie/ihre)
Klara Strube ist heute hier, morgen dort, hat aber immer mindestens zwei Bücher dabei. Sie ist coronabedingt in Deutschland gestrandet und schreibt freiberuflich Reiseberichte, Blogbeiträge, Marketingtexte und auch alles andere, was man so in Worte fassen kann. Sie will eigentlich Minimalistin sein, scheitert aber immer wieder kläglich an ihrem Bücherregal.
Hier findest du Klara:
Übringens: Klara hat im August 2021 auch die Auswahl für die kohsie Bookwall getroffen.
Eine Vorstellung der Bücher, für die sich Klara entschieden hat findest du hier.

Ich habe gerade das Lied des Achills zu ende gelesen und kann nicht aufhören Tränen zu vergießen,weil es eines der schönsten Bücher war,die ich je gelesen habe!
Ich bin ein großer Fan der griechischen Mythologie und obwohl ich wusste wie das alles ausgeht,habe ich bis zum Ende mitgefiebert!Ein grandioses Buch!